Sportklettern Donautal 2022
Die Klettermax Gruppe der Sektion Aschaffenburg trifft sich im Juni 2022 für vier Tage im Donautal, um gemeinsam Sportkletterrouten zu begehen und natürlich die persönlichen Kontakte zu pflegen und zu festigen. Auch das Essen und Trinken darf dabei nicht zu kurz kommen. Die Wetteraussichten sind hervorragend und ich reise mit meinem kleinen Wohnanhänger bereits einen Tag früher an und beziehe mein "Basislager" auf dem Campingplatz Wagenburg in Beuron/Hausen im Tal. Reservierungen sind erst ab sieben Tagen Aufenthalt möglich. Ansonsten gilt: "wer zuerst kommt, mal zuerst".
Kulba Mini Wohnwagen, im Hintergrund rechts der Stuhlfels
Eine Infrastruktur mit Einkaufsmöglichkeiten in dem kleinen Ort existiert nicht mehr. Kein Einkaufsladen, kein Bäcker, kein Metzger, keine Bank. Lediglich ein Automat mit diversen Getränken, Snacks, Ravioli, Käse, usw. steht in der Nähe des Campingplatzes rund um die Uhr zur Verfügung. Der Campingplatz bietet während den Öffnungszeiten Getränke an, aber keinen Brötchendienst. Es besteht aber die Möglichkeit Brötchen im 250 Meter entfernten Murmeltier am Vortag zu bestellen und dort abzuholen. Der Großteil der Teilnehmer ist auch im Murmeltier untergebracht. Eher Jugendherbergscharakter mit Mehrbettzimmern, Etagenbetten und sanitären Anlagen auf dem Flur. Dafür wurde das reichliche Frühstück gelobt. Und mit 23 Euro pro Übernachtung inkl. Frühstück sicherlich eine preiswerte Alternative.
Lebensmittel wollte ich vor Ort einkaufen. Da es aber keinen Laden mehr gibt, starte ich zu einer Wanderung zum Stuhlfels und weiter nach Schwenningen. Immerhin kann ich mich beim Bäcker mit Brot und (teurem) Mineralwasser und beim Metzger gegenüber mit Salami versorgen. Zurück fahre ich mit dem Bus, dem 9 Euro Ticket sei Dank. Der Bus fährt eher selten. Möchte man das Auto stehen lassen, sollten die Busfahrpläne vorab genau geprüft werden. Richtung Sigmaringen sieht es besser aus. Hier fahren Bus und Bahn.
Jutta und Steffen sind auch schon angereist und wir verabreden uns für Donnerstag Morgen am Stuhlfels. Wir starten am Übungsfelsen, der einfache Routen vom Schwierigkeitsgrad 3 bis 6- anbietet. Gegen Mittag stoßen auch die anderen Kletterfreunde hinzu (insgesamt sind es 18 Teilnehmer) und nach einer herzlichen Begrüßung wird es voll am Felsen. Mit Achim wechsle ich in die Talwand für zwei Seillängen im vierten Schwierigkeitsgrad, den Irisweg. Ein Einfachseil, Exen und ein paar Karabiner reichen aus. Es empfiehlt sich die Schuhe mitzunehmen um vom Stuhlfels Gipfel wieder abzusteigen. Achim steigt vor und sichert mich am Standplatz nach. Die zweite Seillänge empfinde ich als etwas anspruchsvoller, aber der Felsen ist super und nicht abgespeckt. Schon bald stehe ich auf dem Stuhlfels Gipfel. Die Standplatzhaken sind belegt und deshalb muss der Sockel des Gipfelkreuzes als Sicherungspunkt herhalten. Auch Achim meistert die zweite Seillänge souverän und kaum am Gipfel angekommen gesellen sich einige Kletterfreunde dazu, die über einen Steig auf den Gipfel gekommen sind.
Stuhlfels Gipfel, rechts davon Hausen im Tal mit dem Campingplatz Wagenburg direkt an der Donau
Wir steigen zum Übungsfelsen ab und treffen auf die anderen Klettermaxe. Olaf hat auch Interesse an einer Mehrseillängenroute. Also wieder absteigen zum Einstieg der Gotzmannkante. Am griffigen Felsen steige ich vor. Olaf kommt nach und übernimmt die letzte Seillänge zum Stuhlfels Gipfel. Geht noch was? Erst einmal müssen wir wieder zum Übungsfelsen und Rucksack packen. Die meisten Kletterer haben genug für den ersten Tag. Olaf und ich entscheiden uns für die einfachste Mehrseillängenroute - den Normalweg auf den Stuhlfels. 4 Seillängen mit den Bewertungen 2, 3, 3 und 3+. Wir starten erst an der zweiten Seillänge. Vom Hauptweg zweigt hier ein kurzer Weg ab. Rucksack deponieren und es geht ein drittes Mal auf den Stuhlfels.
Hermann hat einer Dreierseilschaft über den Normalweg geführt und das Gipfelfoto geschossen
Der Stuhlfels vom Campingplatz aus gesehen. Die drei gekletterten Mehrseillängen mit dem ungefähren Verlauf: Gotzmannkante (rot), Irisweg (blau), Normalweg (gelb)
Für heute reicht es. Abstieg nach Hausen im Tal. Ein kaltes Bier am Mini Wohnwagen löscht den ersten Durst. Jetzt noch schnell unter die Dusche, denn um 18 Uhr ist schon Treffen zum Abendessen angesagt. Reserviert haben wir im Gasthof Steinhaus, 100 Meter vom Campingplatz entfernt. Das Wetter ist schön, aber für unsere große Gruppe nicht genug Platz auf der Terrasse. Das Essen war gut, das Schnitzel recht klein und zu teuer (Schnitzel Wiener Art 17,50 Euro) und die Freundlichkeit des Personals lässt zu wünschen übrig. Von meinen Campingplatz Nachbarn habe ich einen Tipp bekommen: Essen am Minigolfplatz. Wir reservieren sofort für den nächsten Abend.
Am Freitag starten wir gegen 9:30 Uhr zum Verlobungsfelsen. Am Minigolfplatz vorbei fahren wir mit den Autos Richtung Kreenheinstetten. Nach der zweiten Haarnadelkurve gibt es auf der rechten Seite einen Parkplatz für schätzungsweise gut ein Dutzend Fahrzeuge. Allerdings reiht sich in diesem Sportklettergebiet ein Felsen an den anderen und bei gutem Wetter ist der Parkplatz schnell ausgelastet. In der Kurve führt ein Weg in den Wald. Zuerst noch recht eben, steht nach einigen hundert Metern der Aufstieg zum Felsen an. Leider verzichtet man auf eine entsprechende Beschilderung. Lediglich am Felsen selbst befindet sich eine Tafel mit dem Namen des Felsens. Bezeichnung der Route am Einstieg? Das scheint bis auf ganz wenige Ausnahmen im Donautal unüblich zu sein. Die Kletterer sollen gefälligst das Topo enträtseln, aber auch das stellt uns in den vier Tagen immer wieder vor Herausforderungen.
Der Verlobungsfelsen bietet eher einfache Routen und eignet sich daher auch für uns sehr gut. Die Westkante ist mit 3+ bewertet und wird als beliebteste Route am Felsen bezeichnet. Viele Tritte und Griffe sind abgespeckt. Genuss sieht anders aus. Eine etwas längere Tour ist die Verlobungskante ganz links am Felsen, allerdings sind im oberen Bereich einige Steine locker und sollten nicht belastet werden.
Verlobungskante
Für Interessierte gibt es von Hermann praktischen Unterricht im Umbau am Umlenker und der richtigen Abseiltechnik. Bevor wir wieder zum Parkplatz zurücklaufen wandern wir an den Kletterfelsen entlang bis zum Eigerturm. Andrea und Johannes versuchen sich zu erinnern, an welcher Stelle der Einstieg zu der Mehrseillängenroute war, die sie vor ein paar Jahren gegangen sind. Gar nicht so einfach mit dem Topo und den steil aufragenden Wänden. Ist das jetzt noch die alte Hausener Wand oder schon der Eigerturm?
Zurück am Campingplatz steige ich erst einmal in die Donau, die an diesem Abschnitt nicht viel Wasser führt. Der für Kanufahrer erforderliche Mindestpegel von 54 cm wird bedingt durch den fehlenden Regen schon eine Zeitlang nicht mehr erreicht, Kanufahrten sind daher verboten. Die Donau umspült die von den Kletterschuhen gepeinigten Füße - ein sehr angenehmes Gefühl. Noch schnell unter der Dusche und ab geht es zum Abendessen in geselliger Runde am Minigolfplatz. Sehr empfehlenswert sind der Schmorbraten und die Maultaschen (klassisch oder vegetarisch) sowie ein Zwickel aus dem kalten Steinkrug.
Eigerturm (roter Strich), Verlobungsfelsen (gelb), rechts oberhalb vom Eigerturm im Wald befindet sich der Bergwachtfelsen
Links neben dem Eigerturm schließt sich die Alte Hausener Wand an. Alle links anschließenden Felsen sind für den Klettersport nicht erschlossen.
Auf dem Weg von Hausen im Tal zur Minigolfanlage der Blick auf die junge Donau und den Campingplatz
Der Wetterbericht sagt für Samstag Temperaturen von über 30 Grad voraus und daher sollte das Kletterziel möglichst lange im Schatten liegen. Fündig werden wir mit dem Bergwachtfelsen, allerdings ist der Zustieg recht lang und der Aufstieg am Eigerturm vorbei beschwerlich (Weg teilweise auf abschüssigem Geröll). Sind wir wirklich an der Westwand? Irgendwie passt das Topo nicht so ganz. Ich steige ein und werde bald feststellen, dass die gekletterte Route ein Mix aus mindestens zwei Routen war. Die Route am rechten Rand heißt Anfängerroute und ist mit 5- bewertet. Für wirkliche Anfänger eine große Herausforderung und im Vorstieg eher nicht geeignet. Bei heißem Wetter bietet dieser Felsen viel Schatten, aber vor der Westwand ist der Waldboden steil und unangenehm zum Stehen.
Fabian möchte gerne eine Route am Eigerturm klettern. Ich bin dabei. Mit Halbseilen ausgestattet, das Topo nur ansatzweise im Kopf, steigen wir ab und haben wieder einmal Orientierungsprobleme. Wo fängt der Eigerturm an? Noch weiter bergab? Hier könnte der Einstieg sein. Zum Glück treffen wir auf zwei Kletterer, die uns mit dem Topo aushelfen. Wir sind zu weit abgestiegen. Also wieder den beschwerlichen Weg in der Hitze hoch. Jetzt ist uns klar wo der Eigerturm beginnt. Aber wo ist der Einstieg? Wir suchen die Wand nach Haken ab. Hier müsste es sein. Fabian steigt ein. Am zweiten Haken lasse ich ihn wieder abklettern. Die Route Zickzack beginnt etwas weiter links. Jetzt sind wir richtig. Fabian hat erst mit dem Klettern begonnen, meistert den Vorstieg aber souverän. Ich steige nach. Am Standplatz stellt sich die Frage: wie geht es weiter? Sind wir überhaupt am richtigen Standplatz? Gleich rechts oberhalb befindet sich der nächste Bolt. Fabian probiert es, wir sind uns aber sehr unschlüssig. Warum haben wir kein Topo dabei? Aus Sicherheitsgründen entscheiden wir uns für das Abseilen. Zurück am Bergwachtfelsen prüfen wir erst einmal das Topo. Jetzt ist es klar. Wir waren am Standplatz der Route Eigerturm und hätten links davon weiterklettern müssen. Schön war es trotzdem - allerdings in der Sonne auch sehr warm. Das nächste Mal sind wir besser vorbereitet! Zum Abschluss Klettern wir in der Nordwand noch die Route Moosmännchen (5). Olaf und ich gehen zurück zum Parkplatz. Fabian und Florian gönnen sich noch eine letzte Route.
Auch heute verbringen wir den Abend in geselliger Runde am Minigolfplatz. Offiziell heißt es: Donautal Touristik Restaurant und Bootsvermietung. Zurück am Campingplatz trinke ich noch ein Gläschen Rotwein, bevor ich in einen tiefen, festen Schlaf versinke.
Inzwischen ist es Sonntag. Der letzte Tag ist angebrochen. Wettervorhersage: bis 36 Grad! Unser Ziel ist der Aussichtsfelsen, der direkt an der Straße liegt und reichlich Parkmöglichkeiten bietet. Allerdings ist der Felsen süd-/südostseitig ausgerichtet und es ist schon sehr warm. Viele Routen für unser Kletterkönnen stehen nicht zur Verfügung, dafür sind einige Routen eingebohrt, die in unserem Kletterführer nicht aufgeführt sind. Zu viert erkunden wir erst einmal den steilen Pfad rechts an der Wand vorbei und werfen einen Blick auf die Reste der Ruine Gutenstein, die vom Tal aus gut zu sehen ist.
Das wäre doch eine eindrucksvolle Kletterroute! Der Felsen ist aber wegen Einsturzgefahr gesperrt. Wir erklimmen die letzten Meter bis zum Gipfel des Aussichtsfelsen, der uns mit herrlichem Blick auf das Donautal belohnt. Kurz unterhalb der Plattform enden auch die zwei Seillängen (4 und 3+) der Route Adolf-Niklas-Gedächtnis-Weg. Selbst im schon einige Jahre alten Führer steht: "Schöne, lange Route. Stellenweise ziemlich abgeklettert. Saniert". Wieder am Fuß des Felsens angekommen frage ich Johannes, ob er Lust hat die Route mit mir zu gehen. Er hat. Johannes steigt die erste Seillänge vor und im Nachstieg überwinde ich die unzähligen, sehr abgespeckten Stellen. Wie viele tausende Begehungen hat die Route schon? Am Standplatz übernehme ich den Vorstieg bis unterhalb der Gipfelplattform. Der Standplatz bietet nur einen Haken. Sicherheitshalber nutze ich den stabilen Baum etwas oberhalb als zweiten Sicherungspunkt. Wir seilen ab.
Route Adolf-Niklas-Gedächtnis-Weg mit zwei Seillängen am Aussichtsfelsen
Inzwischen ist es kurz vor 12 Uhr und schon heiß. Die Sonne brennt gnadenlos. Die Kletterrucksäcke der anderen Klettermaxe sind schon gepackt und nach einer herzlichen Verabschliedung treten wir unserem Heimweg an. Immerhin liegen noch über 300 Kilometer vor uns und mit meinem Mini-Wohnwagen darf ich nicht schneller als 100 km/h fahren.
Zu Hause angekommen gehe ich mit meienr Frau zum Abendessen auf die Terrasse des Büttner Gasthofs in Rückersbach. Das letzte Mal, denn der Gasthof schließt für immer seine Pforten. Ein weiteres Opfer der Corona Krise.
Ein wunderschönes, verlängertes mit Kletterfreunden geht zu Ende. Wir wurden mit herrlichem Wetter belohnt und zum Glück gab es keine Verletzungen. Ich freue mich schon auf den nächsten Event in dieser Gesellschaft.
Zur Ausrüstung: neben Klettergurt, Helm, Kletterschuhen, Standplatzschlinge, einigen Schraubkarabinern und Bandschlingen reichen für die meisten Routen ein Einfachseil und Expressschlingen (max. 10 Stück). Klemmkeile und Friends haben wir in diesen Tagen nicht gebraucht. Zum Abseilen wird noch ein Tube benötigt sowie eine kurze Prusikschlinge. Für Mehrseillängen in den unteren Schwierigkeitsgraden reicht auch ein Einfachseil, wer über die Route wieder abseilen möchte, ist mit Halbseilen aber besser dran.