E5 Oberstdorf-Meran
... für jeden Tag Google Earth Screenshot mit Weg, Gehzeiten, Link zu GPS Track anzeigen
Vor zwei Jahren war ich zur langen Alpenüberquerung von München nach Venedig unterwegs und dieses Jahr steht die Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Meran an.
Worin unterscheiden sich die beiden Touren?
Für die Alpenüberquerung von München nach Venedig benötigt man mindestens vier Wochen (ok, es gibt auch Verrückte, die es in 14 Tagen schaffen), während die Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Meran
in einer Woche gut zu meistern ist. Klar, dass dieser Weg sehr beliebt ist. In der Hauptsaison gibt es inzwischen eine Garantie, dass die Hütten überbelegt sind, wenn die Bergschulen unterwegs sind. Üblicherweise
starten die Bergschulen (geführte Wanderungen mit Bergführer) Samstag, Sonntag oder Montag - einige auch am Freitag. Diese Tage sollten also Individualgeher für den Start in Oberstdorf vermeiden
(außer man liebt das kuschelige Miteinander in einem überfüllten Matratzenlager).
Alleine, Gruppe oder Bergschule?
Bucht man diese Tour bei einer der bekannten Bergschulen (Bergschule Oberallgäu oder
Aktiv am Berg - um nur zwei zu nennen) braucht man sich lediglich um die Anreise nach Oberstdorf kümmern.
Für ca. 830 Euro (Stand 2016) übernehmen die Bergschulen die Organisation. Hütten und Hotels/Gasthöfe mit Halbpension sind gebucht, Bus/Taxi/Bergbahn sind organisiert und der Rucksack wird mit der Materialseilbahn
zur Hütte transportiert. Ihr braucht also nur noch dem Bergführer hinterher zu laufen (zusammen mit bis zu 12 Teilnehmern) ...
Möchte ich das?
Die Antwort muss jeder für sich individuell beantworten. Ich habe diese Variante nie in Erwägung gezogen, verfüge aber auch über jahrzehntelange Bergerfahrung. Die Entscheidung von Oberstdorf nach Meran
zu wandern fällt bei mir spontan. Der Rother Wanderführer, den ich sehr empfehlen kann, ist gleich geliefert und meine Planung kann beginnen. Bergschulen starten gerne Samstag, Sonntag oder Montag, also
startet meine Tour am Freitag. Noch lieber hätte ich bereits am Donnerstag begonnen, aber der Geburtstag meiner Tochter hat Priorität.
1. Tag, Freitag, 9.9.2016
Mit dem Auto starte ich am Donnerstag gegen 6 Uhr und bedingt durch die vielen Baustellen und einer Frühstückspause komme ich erst kurz vor 10 Uhr in Oberstdorf an. Hier stellt sich die erste Frage.
Wo soll ich in Oberstdorf parken? Die ausgeschilderten Parkplätze verlangen zwischen 4 und 5 Euro pro Tag, also bis zu 35 Euro für die Woche. Muss das sein? Nein! Es gibt in der Nähe des Bahnhofs noch
Möglichkeiten den PKW kostenlos abzustellen. Ich bin in der Gerberstraße fündig geworden.
Klar könnte ich vom Parkplatz direkt in Richtung Spielmannsau loslaufen, aber wie schon der Start München-Venedig am Marienplatz beginnt, beginnt für mich die Tour am Bahnhof in Oberstdorf.
Hier stand ich schon einmal vor 40 Jahren:
Ok, Kniebundhosen trägt heute keiner mehr (wirklich?) und Rucksäcke mit Alugestell habe ich schon Jahre nicht mehr gesichtet.
Zur Spielmannsau laufen oder den Bus nehmen?
Alle Bergschulen haben diese Frage schon beantwortet: Bus!!! Aber es sind nur knapp zwei Stunden, das Wetter ist schön und es ist noch sehr früh am Tag. Die Nebelhornbahn lasse ich links liegen
und wandere an der Trettach entlang Richtung Spielmannsau. Dieser Weg ist auch bei Radfahrern sehr beliebt, allerdings nutzen schätzungsweise 90% der Radfahrer eine e-Variante. Manche e-Bikes müssen
sich bei der aufsitzenden Gewichtsklasse ganz schön quälen! Im Gasthof gönne ich mir ein erfrischendes Bier, bevor ich den Aufstieg zur Kemptner Hütte beginne. Ich starte meinen Weiterweg im selben
Moment als ein Bus die 12 Teilnehmer einer Bergschule ausspuckt und der Bergführer die Ausrüstung überprüft.
Mit fast 280 Übernachtungsplätzen gehört die Kemptner Hütte zu den größten Hütten in den Alpen. Sie liegt nicht nur an dem sehr beliebten Fernwanderweg E5,
sondern ist auch Ausgangs- oder Endpunkt des Heilbronner Wegs, eine sehr empfehlenswerte Tour in den Allgäuer Alpen. Vor 40 Jahren habe ich eine ganze Woche auf der
Kemptner Hütte verbracht, um die Grundlagen des Kletterns zu erlernen.
Betten gibt es nicht mehr und mir wird ein Lager im zweiten Stock unter dem Dach zugewiesen. 95 Schlafplätze! Das kann lustig werden heute Nacht. Glücklicherweise ist die Hütte nicht überfüllt
und die Lücken bei der Matratzenvergabe sorgen für eine entspannte Nachtruhe.
Auch wenn die Mobilfunkabdeckung in den Alpen inzwischen als gut bezeichnet werden kann, gibt es noch reichlich Lücken im Netz - so auch auf der Kemptner Hütte: kein Handy Empfang und kein WLAN.
Jüngere Besucher wissen gar nicht, wie sie ohne online Verbindung den Abend verbringen sollen (es gibt also auch keine Pokémons zu sammeln - haha).
Die Kemptner Hütte im frühen Morgenlicht
2. Tag, Samstag, 10.9.2016
Frühstück gibt es ab 6 Uhr und das kommt mir sehr entgegen. Die Wettervorhersage ist gut und ab 6:30 Uhr ist die Dämmerung bereits soweit fortgeschritten, dass der Weg problemlos zu finden ist.
In knapp einer Stunde ist das Mädelejoch erreicht und damit die Grenze nach Österreich. Das Grenzschild wird von unzähligen Aufklebern "verschönert".
Gegen 7 Uhr leuchten die ersten Gipfel in der Morgensonne.
Blick nach Westen vom Mädelejoch aus gesehen
Über 800 Meter Abstieg nach Holzgau stehen an und vorbei an der oberen Roßgumpenalp (ca. 1.680m, 30 Minuten ab Mädelejoch) erreiche ich nach einer Stunde die Untere Roßgumpenalp auf 1.329m, die um diese
frühe Uhrzeit noch geschlossen ist.
Obere und untere Roßgumpenalp
Nach einer weiteren halben Stunde erreiche ich das Café Uta. Hier muss man sich für den Weiterweg entscheiden. Durch die tief eingeschnittene Schlucht
mit dem eindrucksvollen Wasserfall oder über die neue Hängebrücke, die erst 2011 fertiggestellt worden ist? Eine dritte Variante führt über den Lechweg nach Bach. Ich entscheide mich für die Hängebrücke
und damit erst einmal für den längeren Weg und einen leichten Aufstieg. Nach ca. 10 Minuten zweigt rechts ein nicht bezeichneter Pfad ab, der zur Hängebrücke führt (kurz nach dem Schild Café Uta).
Der neu angelegte Weg zur Hängebrücke kommt erst später. Eindrucksvoll spannt sich die Hängebrücke 100 Meter über dem Talboden:
Spannweite 200,51m, Breite 1,20m, Höhe 105m, Baujahr 2011
Im Gegensatz zur Highline179, die sich bei Reutte mit 406m über die Fernpassstraße B179 spannt und deren
Begehung 8 Euro kostet, kann man die Hängebrücke oberhalb von Holzgau kostenlos begehen.
Über einen Teerweg erreiche ich in wenigen Minuten die Ortschaft Holzgau. In einem kleinen Supermarkt kaufe ich mir etwas zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Ab dem Gasthof Bären
besteht die Möglichkeit mit dem Taxiunternehmen Feuerstein bis zur Materialseilbahn der Memminger Hütte zu fahren. Über eine genaue Abfahrtzeit kann mir
der Gasthof keine Auskunft geben. Also entscheide ich mich für den Bus nach Bach, der um 9:51 Uhr abfährt und 5km Wegstrecke einspart. Vielleicht kann ich ab Bach mit dem Taxi zur Talstation der Materialseilbahn fahren.
Ich kenne den Weg vom letzten Jahr, der hauptsächlich der Teerstraße folgend nicht sehr attraktiv ist. Der Mini-Bus ist leider schon bis zum letzten Platz besetzt und die nächste Möglichkeit besteht erst in einer guten
Stunde. Der Tag ist noch jung und mit zwei E5-Gehern/-innen legen wir den Weg zu Fuß zurück. Auch auf den kostenpflichtigen Gepäcktransport zur Memminger Hütte
verzichte ich und starte den Anstieg gegen 12:40 Uhr. Nach knapp zwei Stunden ist die Hütte erreicht. Es ist noch sehr angenehm auf der Terasse und ich lasse mir eine Johannisbeersaftschorle und ein Bier schmecken.
Einen Schlafplatz habe ich nicht reserviert, erhalte aber trotzdem noch ein Bett in einem Viererzimmer. Die Dusche nach dem schweißtreibenden Anstieg ist sehr angenehm.
Memminger Hütte, im Hintergrund links der Seekogel
Bei schönem Wetter lohnt sich die unschwere Besteigung des Seekogels 2.412m. Der Gipfel ist in ca. 25 Minuten erreicht und bietet einen herrlichen Blick auf die Hütte, den unteren Seewisee und die Lechtaler
Bergwelt. Ein erfrischendes Bad im Seewisee verkneife ich mir in diesem Jahr.
Blick vom Seekogel auf den Weiterweg zur Seescharte 2.599m. Das Bild entstand bereits 2013.
Inzwischen hat die Quellbewölkung zugenommen und später entlädt sich ein Gewitter mit Starkregen und Hagel. Es zeigt sich wieder einmal, dass es wichtig ist, in den Bergen frühzeitig zu starten, um den
Wärmegewittern am Nachmittag auszuweichen. Spätankömmlinge kommen vollkommen durchnässt an der Hütte an und ernten mitleidige Blicke der im Trockenen sitzenden Gäste.
3. Tag, Sonntag, 11.9.2016
Auch auf der Memminger Hütte kann man ab 6 Uhr frühstücken. Also Wecker auf 5:30 Uhr, kultivieren, Rucksack packen und eine Kleinigkeit vom Frühstücksbuffet essen.
Mehr als eine Scheibe Brot bekomme ich um diese Zeit nicht herunter. Dafür aber einen zweiten Humpen Kaffee.
Den Weg zur Seescharte kenne ich bereits. Vor drei Jahren waren wir zu viert auf dem Lechtaler Höhenweg unterwegs und im letzten Jahr bin ich von
der Augsburger Hütte zur Memminger Hütte abgestiegen. Kurz vor der Seescharte 2.599m leuchten die Sonnenstrahlen die ersten Gipfel an.
Wieder ist das Wetter perfekt und der Himmel wolkenlos.
Über 1.800 Höhenmeter müssen im Abstieg nach Zams bewältigt werden. Die Bergstöcke entlasten die Knie und Oberschenkel erheblich - immer vorausgesetzt die Stöcke werden richtig eingesetzt. Vorbei an der
Oberlochalm geht es zu einem ersten Stopp an die bewirtschaftete Unterlochalm auf 1.580m. In diesem Tal muss sich das Gewitter vom Vorabend wesentlich intensiver ausgetobt haben, denn braune Wassermassen
wälzen sich in das Tal und haben teilweise den Weg mit Schlamm bedeckt.
Wo soll ich eigentlich die nächste Nacht verbringen? Der Rother Wandererführer nennt Zams als Etappenziel. Aber in Zams übernachten? Auch wenn etwas Komfort und eventuell eine Sauna nicht zu verachten wären,
kommt Zams für mich nicht in Frage. Eine Alpenvereinshütte liegt leider nicht auf dem Weg, also muss ich versuchen, in einer Alm zu reservieren. Im Gegensatz zu einer Alpenvereinshütte muss mich eine Alm
nicht aufnehmen, also sinnvollerweise anrufen. Die erste Alm ist belegt und die zweite Alm meldet sich nur mit einer Sprachnachricht. Weiterlaufen bis Wenns? Das wären noch ein paar Stündchen. In Zams
angekommen werde ich an einer Brücke aufmerksam auf die Venet Gipfelhütte. Entweder ich bekomme dort ein Nachtlager oder ich laufe bis Wenns. Ich rufe an und für einen Paketpreis von 51 Euro bin ich in einem
Mehrbettzimmer mit Halbpension untergebracht und Seilbahnbenutzung (die Bergfahrt spart immerhin 1.450 Höhenmeter Aufstieg) ist ebenfalls enthalten.
Die erst 2012 eröffnete Venet Gipfelhütte bietet sieben Betten im Mehrbettzimmer. Wichtig: die Rezeption befindet sich an der Talstation der Bergbahn direkt neben
der Seilbahnkasse. Dort bezahlt man und erhält das Ticket für die Seilbahn sowie den elektronischen Schlüssel für das Zimmer. Ich bin der Erste im Zimmer und belege das Bett direkt am Fenster mit
herrlichem Blick in die Bergwelt. Die heiße Dusche ist sehr angenehm (es gibt sogar einen Haarfön) und nach zwei Nächten im Schlafsack verspricht normale Bettwäsche einen erholsameren Schlaf.
Im Zimmer befindet sich sogar ein Flachbildschirm und ich nutze diesen kurz, um mich mit einer Nachrichtensendung auf den aktuellen Stand der Weltgeschichte zu bringen. Die Venet Gipfelhütte bietet
kostenloses WLAN (Zugangsdaten erhält man an der Kasse im Selbstbedienungsrestaurant). Leider gehen die Verbindungsdaten immer wieder verloren und man muss sich neu anmelden. Das ist lästig.
T-Shirts, Unterwäsche und Socken werden gewaschen und an der Wäschespinne im Flur zum Trocknen aufgehängt. Auf der Terrasse in ca. 2.200 Metern genieße ich die traumhafte Rundumsicht, die Sonne und ein
kühles Getränk. Ab 18 Uhr wird das Abendessen angeboten: Salatbuffet, zwei verschiedene Suppen, als Hauptspeise Schnitzel mit Pommes oder Käsespätzle und Kaiserschmarrn als Nachspeise. Dazu gönne ich mir
eine Flasche Zweigelt.
Die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist weiterhin hervorragend und ich kann davon ausgehen, dass ich Meran am Mittwoch erreichen werde. Ich nutze die kostenlose WLAN Verbindung, um nach einer
geeigneten Unterkunft in Meran zu suchen. Über HRS buche ich ein Zimmer im Hotel Flora. Bei Buchung über Smartphone gibt es sogar 10% Rabatt.
4. Tag, Montag, 12.9.2016
Heute kann ich "ausschlafen", denn es gibt erst ab 6:30 Uhr Frühstück. Der Wecker klingelt um 6:00 Uhr, aber ich bin schon eine Zeitlang wach. Wenn ich um 22 Uhr ins Bett geht, sind die Nächte einfach
zu lang. Das Frühstücksbuffet ist reichlich und gut und der Kaffee aus dem Automaten schmeckt (Verlängerter + Espresso in eine große Tasse).
Links der Hohe Riffler (Verwall), in der Mitte der Venet mit Seilbahnstation und Gipfelhütte
Für den Weg nach Wenns gibt es zwei Alternativen: über die Gipfel (Glander Spitze=Venet, Wannejöchl und Kreuzjoch) oder über den Panoramaweg den Südhang entlang. Ich entscheide mich für den Panoramaweg
vorbei an der Gogles-Alm (noch geschlossen) zur Galflunalm. Eine Johannschorle gleicht den Flüssigkeitsverlust aus. Hier wollte ich eigentlich übernachten, aber nach telefonischer Auskunft waren die
Schlafplätze belegt. Zwei Tage später sollte ich erfahren, dass noch Platz gewesen wäre. Nach der angenehmen Nacht auf der Venet Gipfelhütte ließ sich dies gut verschmerzen.
Galflun Alm (ehemals Krügerhütte) 1.960m
Larcher Alm 1.814m
Weiter führt der Weg an der Larcher Alm vorbei. Hier empfiehlt es sich den Alten Almweg nach Wenns zu nehmen. Der Rother Wanderführer schreibt dazu: "Nach der vierten Kehre bzw. 1,2km nach der Larcher
Alm verlassen wird bei einem Gatter (Schild) den Fahrweg rechts hinunter ...". Besser: direkt nach der Larcher Alm (gelbes Schild) rechts abbiegen. Nach wenigen Minuten trifft man wieder auf den
Fahrweg, um dann nach 50 Metern rechts in den beschilderten, alten Almweg abzuzweigen. Teilweise recht steil (daher auch die Empfehlung bei schlechtem Wetter auf dem Fahrweg zu bleiben) verliere ich schnell
an Höhe und nach einer Stunde erreiche ich die ersten Häuser in Wenns. Der Teerstraße folgend zweigt kurz vor dem ersten Etappenziel ein Fußweg ab (gelbes Schild: Abkürzung Ortszentrum) der direkt am
Pitztaler Hof endet. Hier befindet sich auch die Bushaltestelle.
Bis der Bus kommt, habe ich noch etwas Zeit und kaufe mir im Sparmarkt etwas zu trinken. Auf dem Weg zurück zur Bushaltestelle befindet sich das Gemeindezentrum mit öffentlichen Toiletten, die allerdings
geschlossen sind. Ich frage im ersten Stock nach und darf dort die Toilette benutzen.
Zu der ca. 50-minütigen Busfahrt nach Mittelberg gibt es eigentlich keine echte Alternative - außer man nimmt sich wesentlich mehr Zeit und geht den Weg Oberstdorf-Meran in zwei Wochen. Der Bus
(Linie 4204) kommt sehr pünktlich und die 7,40 Euro sind gut investiert. An der letzten Haltestelle in Mittelberg steige ich aus. In knapp einer halben Stunde erreiche ich die Gletscherstube und trinke
meine obligatorische Johannschorle.
Gletscherstube 1.891m
Für die verbleibenden ca. 750 Höhenmeter zur Braunschweiger Hütte gibt es zwei Alternativen. Der Wasserfallweg auf geschottertem Fahrweg oder der Jägersteig. Ich
entscheide mich für die anspruchsvollere Variante, die direkt hinter der Talstation der Materialseilbahn abzweigt. Auch hier bietet sich die Möglichkeit den Rucksack kostenpflichtig zur Hütte
transportieren zu lassen. Immer wieder eröffnen sich herrliche Blicke auf den Wasserfall. In der Wasserfallwand sind inzwischen mehrere Klettersteige in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen
eingerichtet worden. Ohne die erforderliche Ausrüstung ist von einer Begehung allerdings abzuraten. Einige ausgesetzte Stellen sind mit Drahtseilen und Ketten versichert, auf die ich aber bei diesen
trockenen Bedingungen verzichten kann.
Wasserfall, rechts davon der Normalweg
Die auf 2.759m gelegene Braunschweiger Hütte wurde erst vor wenigen Jahren renoviert und überrascht mit schönen Räumlichkeiten und einer sehr angenehmen Dusche. Diese wird mit 1 Euro Münzen gefüttert und
bietet für zwei Minuten Genuss. Im Gegensatz zu anderen Hütten kann man den Hahn auch abdrehen und die Zeit läuft nicht weiter und für Duschen habe ich schon wesentlich mehr bezahlt! Den zweiten Euro
verbrauche ich nur zur Hälfte und damit hat die nachfolgende Person noch etwas davon. Ich bin in einem kleinen Sechserlager untergebracht. Das verspricht eine eher ruhige Nacht. Im Gastraum trifft man
inzwischen viele Gleichgesinnte und man tauscht sich zu den Erlebnissen und dem Weiterweg aus. Der E5 ist nun mal sehr beliebt und doch gibt es so viele Varianten.
Braunschweiger Hütte 2.759m
5. Tag, Dienstag, 13.9.2016
Heute steht die längste Tagesetappe an, da ich nicht in der Martin-Busch-Hütte übernachten möchte, sondern bei diesem genialen Wetter auf der knapp über 3.000 Meter gelegenen Similaunhütte.
Glücklicherweise wird das Frühstücksbuffet auch schon um 6 Uhr angeboten und so kann ich kurz nach 6:30 Uhr die Hütte Richtung Pitztaler Jöchl verlassen. Alternativ kann man auch über das
Rettenbachjoch gehen, da der Weg über das Pitztaler Jöchl etwas anspruchsvoller sein soll. Bei diesen Wetterbedingungen stellt der Weg aber kein Problem dar. Leider verpasse ich den Sonnenaufgang
auf dem Pitztaler Jöchl um wenige Minuten. Trotzdem ist der frühe Morgen mit dem Blick in die Gletscherwelt sehr eindrucksvoll. Die ein oder andere Liftanlage muss man einfach ausblenden.
Blick zur Wildspitze (Bildmitte) vom Pitztaler Jöchl im frühen Morgenlicht.
Der Abstieg vom Pitztaler Jöchl zum Rettenbachferner gestaltet sich bei den Wetterbedingungen einfach ("Trittsicherheit erforderlich" - wie es so schön heißt). Geht man über das Rettenbachjoch
ist der Abstieg in diesem Jahr anspruchsvoller, da man über ein Stück Gletscher gehen muss, der mit Flies ausgelegt und mit einem Seil abgesichert ist. Hinzukommt, dass man direkt unter der
Liftanlage läuft.
An der Talstation Rettenbachferner nimmt man den Bus durch den Tunnel zum Tiefenbachferner. Grundsätzlich ist die Begehung des Tunnels nicht verboten, aber es gibt keine Gehsteige im Tunnel und
es geht im schwach beleuchteten Tunnel sehr eng zu. Bis 11. September 2016 fährt der erste Bus um 8:37 Uhr. Es ist schon der 13. September und der Fahrplan umgestellt. Um 9:07 besteht die erste
offizielle Fahrgelegenheit zum Tiefenbachferner. Ich steige trotzdem schon ab und hoffe auf eine frühere Verbindung mit dem Shuttlebus, der dann auch gegen 8:40 eintrifft. Laut Rother Wanderführer
kostet das Taxi ca. 2 Euro, uns werden 3 Euro abgeknöpft - obwohl der Kleinbus bis zum letzten Platz belegt ist (eigentlich sogar überbelegt ist). Was soll's. Nach fünf Minuten Fahrt durch den
Rosi-Mittermaier-Tunnel erreichen wir den Tiefenbachferner.
Vom Ferner (Gletscher) ist im Sommer nichts mehr zu sehen
Inzwischen ist die Sonne über die Berge gekrochen und es wird angenehm warm. Also heißt es erst einmal Umrüsten auf kurze Hose. Der Höhenweg nach Vent gehört sicherlich zu den landschaftlich
schönsten Abschnitten des E5. Nach ca. 2,5 Stunden erreiche ich Vent und decke mich in einem kleinen Supermarkt erst einmal mit Getränken ein. Bevor ich den Weiterweg zur Martin-Busch-Hütte angehe,
genieße ich in der Schirmbar Hotel Post ein Bierchen.
Am Ortsende von Vent führt der Pfad direkt unter dem Schlepplift ins Niederthal. Man kann auch dem geschotterten Fahrweg folgen, der nach wenigen Minuten mit dem Fußweg zusammenläuft. Immer dem Fahrweg
folgend wandere ich taleinwärts und komme an der recht neuen Niederthal Alm vorbei (privat, keine Einkehr). Kurz nach der Alm ist der Fahrweg gesperrt (angeblich wegen Steinschlag auf der Westseite des
Weges) und ein neu angelegter Weg führt über den Bach auf die Ostseite des Hanges, um nach ca. 30 Minuten wieder auf die andere Seite und den geschotterten Fahrweg zu wechseln (Umweg von ca. 10 Minuten).
Vorbei an der alten Schäferhütte schlängelt sich der Weg immer tiefer in die Berge und nach zwei Stunden (ab Vent) weist ein Schild auf den letztmöglichen Handyempfang hin! Von hier aus sind es nur noch
fünf Minuten bis zur Martin-Busch-Hütte, die nach der Wegbiegung erstmalig zu sehen ist.
Martin-Busch-Hütte 2.501m
Gestärkt mit einer sehr schmackhaften Speckknödelsuppe und einer Johannschorle gehe ich die letzte Etappe für diesen Tag an. Eigentlich ist die Martin-Busch-Hütte heutiges Etappenziel, aber die hervorragenden
Wetteraussichten für den nächsten Tag bewegen mich dazu, noch zur Similaunhütte auf 3.019m aufzusteigen. Ich freue mich jetzt schon auf den Sonnenaufgang am nächsten Morgen.
Inzwischen ist die Similaunhütte ohne Gletscherberührung in 1,5 Stunden erreichbar (laut Führer 2:15 Stunden) und die Aussicht auf den Similaun ist atemberaubend. Die Similaunhütte befindet sich in
Privatbesitz und ich habe daher vorher telefonisch reserviert. Das Lager im zweiten Stock (18 Lagerplätze) ist recht gut belegt und um es vorweg zu nehmen: die Nacht wird recht unruhig werden.
Mit einer Duschmünze (3,50 Euro) ausgestattet stelle ich mich an der einzigen Dusche an, die aber nicht zu funktionieren scheint. Ich probiere ebenfalls mein Glück, aber es kommt kein warmes Wasser. Also
kalt duschen, was erfahrungsgemäß etwas schneller geht. Die Hüttenwirtin meint später, man muss die Duschmünze mit der richtigen Technik einwerfen. Scheinbar hat keiner der Duschwilligen die richtige Technik
gefunden.
Der Similaun 3.603m erfordert Gletscherausrüstung - auch wenn ich am nächsten Tag Einzelgeher beobachten werde
Italienische Hütten bieten in der Regel Halbpension an und neben einer Suppe kann ich zwischen Spaghetti Tomatensauce, Spaghetti Bolognese oder Zicklein mit Bratkartoffeln (jeweils mit Salat) wählen.
Zum Nachtisch gibt es noch Palatschinken mit Preiselbeeren.
6. Tag, Mittwoch, 14.9.2016
Wie erwartet erstrahlt der Morgen am wolkenlosen Himmel. Frühstück gibt es ab 6:30 Uhr. Das Frühstücksbuffet an der Theke ist so unglücklich angeordnet, dass sich eine lange Schlange bildet.
Da ich einer der ersten im Gastraum bin, kann ich mein Frühstück schon genießen, während die Schlange lang und länger wird. Da besteht noch erhebliches Optimierungspotential.
Similaunhütte 3.019m
Heute steht nur noch der Abstieg an und ich nehme mir viel Zeit für das Frühstück. Von meinem Platz habe ich einen herrlichen Blick auf den Similaun und beobachte die ersten Seilschaften auf dem Weg
zum Gipfel. Bedingt durch den Rückgang der Gletscher in den Alpen ändert sich auch der Anstieg auf den Similaun jedes Jahr. Einige Gipfelaspiranten warten daher die ersten Seilschaften ab, bevor sie
selbst die Besteigung angehen.
Der Rucksack steht fertig gepackt in der Hütte und bevor ich ins Tal absteige, mache ich noch einen kleinen Ausflug Richtung Ötzi-Fundstelle und steige ca. 100 Höhenmeter auf. Der Blick in die
Ortlergruppe ist traumhaft und ich ärgere mich, dass ich nur eine wenig leistungsfähige Digicam eingepackt habe.
Im Hintergrund rechts die Ortlergruppe, unten das Tagesziel Vernagtstausee 1.711m
Kurz vor 9 Uhr verlasse ich die Similaunhütte und steige im flotten Schritt zum Vernagt Stausee ab, den ich nach 1,5 Stunden erreiche (immerhin 1.300 Höhenmeter). Vom Vernagt Stausee fahre ich mit
dem Bus nach Meran. Der Bus fährt stündlich, aber nur um 9:16 Uhr und um 13:16 Uhr muss man nicht umsteigen. Alternativ bietet es sich an nach Naturns zu fahren und dort entweder eine andere Buslinie
oder den Zug nach Meran zu nehmen. Ich habe Zeit und genieße die Sonne zuerst in einem Biergarten und dann direkt am See, der sehr erfrischend ist.
Pünktlich um 13:16 Uhr startet die Busfahrt und nach knapp 1,5 Stunden endet diese in Meran am Bahnhof. Zufälligerweise entdecke ich auf der Fahrt zum Bahnhof das Straßenschild 30. Aprilstraße - in
dieser Straße liegt das von mir gebuchte Hotel Flora, das ich sehr empfehlen kann. Es liegt auf halben Weg zwischen Bahnhof und Zentrum, ist
gut ausgestattet, sauber und preislich akzeptabel.
Ich dusche ausgiebig und laufe anschließend bei 32 Grad im Schatten ins Zentrum. Nach ein paar Einkäufen esse ich im Restaurant Laubenkeller zu Abend. Auf dem Weg zurück ins Hotel lasse ich diese Traumwoche
bei einem Gläschen Rotwein Revue passieren. Was hatte ich für ein Glück mit dem Wetter und die Verletzung an meiner Zehe (eine Woche vorher beim Beachvolleyball zugezogen) war teilweise schmerzhaft, hat
aber dem Genuss keinen Abbruch getan.
7. Tag, Donnerstag, 15.9.2016
Heute steht nur noch die Rückfahrt an. Ursprünglich wollte ich mit dem Zug zurückfahren, aber das ist von Meran nach Oberstdorf mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. 8 bis 9 Stunden Fahrtzeit und
abhängig von der Uhrzeit mehrfach umsteigen. Bei der Internet Recherche finde ich zwei Busunternehmer, die E5 Wanderer direkt von Meran nach Oberstdorf fahren. Ich buche bei einem österreichischen
Anbieter, der mir die Rückfahrt aber nicht garantieren kann. Er fährt nur, wenn die Mindestteilnehmerzahl erreicht wird und hat auch schon angemeldete Reisende in Meran sitzen lassen. Darauf kann ich mich
nicht verlassen und suche nach einer Alternative. Bei dem Südtiroler Busshuttle Prenner werde ich fündig. In der Hauptsaison fährt er täglich,
ist günstiger als der Österreicher und sehr flexibel - sollte sich die Ankunft in Meran verzögern.
Treffpunkt ist direkt am Hauptbahnhof und pünktlich um 8 Uhr starten wir mit einem 20-Sitzer Bus die Rückfahrt. Mike, unser Busfahrer, ist sehr freundlich und wir erhalten während der Busfahrt sehr
interessante Informationen. Durch den Vinschgau mit unzähligen Apfelplantagen fahren wir über den Reschenpass nach Landeck. Nach einer halbstündigen Pause geht es über Imst und den Fernpass nach Reutte und
weiter über die Autobahn nach Oberstdorf, das wir pünktlich um 13 Uhr erreichen. Das geparkte Auto ist in wenigen Minuten erreicht und ich trete sofort die Rückreise an. Um 17 Uhr endet die Alpenüberquerung.
Im Gegensatz zur Alpenüberquerung von München nach Venedig, bei der ich jeden Meter zu Fuß gegangen bin, habe ich beim E5 von Oberstdorf nach Meran von Anfang an Busfahrten und Seilbahnen eingeplant,
um im gesteckten Zeitrahmen das Ziel zu erreichen. Der Rother Wanderführer Fernwanderweg E5 beschreibt in 31 Etappen den Weg von Konstanz über Oberstdorf, Meran/Bozen bis nach Verona.
Den beliebtesten Abschnitt bin ich jetzt gegangen und kann diesen uneingeschränkt empfehlen. Innerhalb von sechs Tagen drei Länder in allen Vegetationszonen zu durchstreifen stellt für jeden Bergwanderer
ein bleibendes Erlebnis dar.
Kosten
Wie schon zu Beginn geschrieben kostet die Tour bei einer Bergschule ca. 830 Euro. Nicht enthalten in diesen Kosten sind Getränke, Trinkgelder, Mittagessen und Einkäufe in Supermärkten.
Interessenhalber habe ich meine Ausgaben notiert und zum Vergleich Getränke usw. herausgerechnet. Den 830 Euro stehen bei mir 370 Euro gegenüber.
Aufteilung der Gesamtkosten in Höhe von 633 Euro
Hinweis: Pauschalen für ÜF oder HP sind in Übernachtung enthalten.
Wer jetzt versucht nachzurechnen: die 370 Euro setzen sich zusammen aus Übernachtung, Essen (ohne Mittagessen) und Teile von Sonstiges (z.B. Busfahrten).
Statistik
... für jeden Tag Google Earth Screenshot mit Weg, Gehzeiten, Link zu GPS Track anzeigen
Tag | Aufstieg in m | Abstieg in m | km |
---|---|---|---|
1 | 1173 | 186 | 14,554 |
2a | 247 | 981 | 9,353 |
2b | 1462 | 315 | 14,272 |
3 | 528 | 2009 | 14,775 |
4a | 179 | 1393 | 11,502 |
4b | 1081 | 44 | 4,649 |
5 | 1809 | 1547 | 29,122 |
6 | 1327 | 20 | 6,061 |
Summe | 7806 | 6495 | 104,288 |
Um die Statistik zu erstellen, wurden die .kml Daten (GPS Tracks im Google Earth Format) mit GPS-Track-Analyse.NET (Version 4.7.3.6) ausgewertet, ein sehr nützliches Tool, das leider nicht weiterentwickelt wird. Busfahrten und die Bergfahrt mit der Seilbahn zum Venet wurden natürlich herausgerechnet (z.B. zweiter Tag: 2a bis Holzgau, 2b ab Bach). Es handelt sich also um die zu Fuß zurückgelegten Wege.
Der Gesamtweg von Oberstdorf bis zum Vernagt Stausee. Gut zu erkennen sind die Lücken: Busfahrt Holgau-Bach, Seilbahn Zamms-Venet und Bus Wenns-Mittelberg. Der Türkis farbige Weg entspricht den knapp 105km.